Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 288 |
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01 | gegeben. Allein bei Erscheinungen ist eine besondere Einschränkung der | ||||||
02 | Art, wie Bedingungen gegeben werden, anzutreffen, nämlich durch die | ||||||
03 | successive Synthesis des Mannigfaltigen der Anschauung, die im Regressus | ||||||
04 | vollständig sein soll. Ob diese Vollständigkeit nun sinnlich möglich sei, ist | ||||||
05 | noch ein Problem. Allein die Idee dieser Vollständigkeit liegt doch in der | ||||||
06 | Vernunft unangesehen der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, ihr adäquat | ||||||
07 | empirische Begriffe zu verknüpfen. Also da in der absoluten Totalität der | ||||||
08 | regressiven Synthesis des Mannigfaltigen in der Erscheinung (nach Anleitung | ||||||
09 | der Kategorien, die sie als eine Reihe von Bedingungen zu einem | ||||||
10 | gegebenen Bedingten vorstellen) das Unbedingte nothwendig enthalten ist, | ||||||
11 | man mag auch unausgemacht lassen, ob und wie diese Totalität zu Stande | ||||||
12 | zu bringen sei: so nimmt die Vernunft hier den Weg, von der Idee der | ||||||
13 | Totalität auszugehen, ob sie gleich eigentlich das Unbedingte, es sei | ||||||
14 | der ganzen Reihe, oder eines Theils derselben, zur Endabsicht hat. | ||||||
15 | Dieses Unbedingte kann man sich nun gedenken: entweder als bloß | ||||||
16 | in der ganzen Reihe bestehend, in der also alle Glieder ohne Ausnahme | ||||||
17 | bedingt und nur das Ganze derselben schlechthin unbedingt wäre, und | ||||||
18 | dann heißt der Regressus unendlich; oder das absolut Unbedingte ist nur | ||||||
19 | ein Theil der Reihe, dem die übrigen Glieder derselben untergeordnet sind, | ||||||
20 | der selbst aber unter keiner anderen Bedingung steht.*) In dem ersteren | ||||||
21 | Falle ist die Reihe a parte priori ohne Grenzen (ohne Anfang) d. i. unendlich, | ||||||
22 | und gleichwohl ganz gegeben, der Regressus in ihr aber ist niemals | ||||||
23 | vollendet und kann nur potentialiter unendlich genannt werden. Im | ||||||
24 | zweiten Falle giebt es ein Erstes der Reihe, welches in Ansehung der verflossenen | ||||||
25 | Zeit der Weltanfang, in Ansehung des Raums die Weltgrenze, | ||||||
26 | in Ansehung der Theile eines in seinen Grenzen gegebenen | ||||||
27 | Ganzen das Einfache, in Ansehung der Ursachen die absolute Selbstthätigkeit | ||||||
28 | (Freiheit), in Ansehung des Daseins veränderlicher Dinge die | ||||||
29 | absolute Naturnothwendigkeit heißt. | ||||||
30 | Wir haben zwei Ausdrücke: Welt und Natur, welche bisweilen in | ||||||
31 | einander laufen. Der erste bedeutet das mathematische Ganze aller Erscheinungen | ||||||
*) Das absolute Ganze der Reihe von Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten ist jederzeit unbedingt, weil außer ihr keine Bedingungen mehr sind, in Ansehung deren es bedingt sein könnte. Allein dieses absolute Ganze einer solchen Reihe ist nur eine Idee, oder vielmehr ein problematischer Begriff, dessen Möglichkeit untersucht werden muß und zwar in Beziehung auf die Art, wie das Unbedingte als die eigentliche transscendentale Idee, worauf es ankommt, darin enthalten sein mag. | |||||||
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