Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 268 |
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Text (Kant):
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| 01 | Ich im Denken einfach sei. Es wäre auch wunderbar, wenn mir das, | ||||||
| 02 | was sonst so viele Anstalt erfordert, um in dem, was die Anschauung darlegt, | ||||||
| 03 | das zu unterscheiden, was darin Substanz sei, noch mehr aber, ob | ||||||
| 04 | diese auch einfach sein könne (wie bei den Theilen der Materie), hier so | ||||||
| 05 | geradezu in der ärmsten Vorstellung unter allen gleichsam wie durch eine | ||||||
| 06 | Offenbarung gegeben würde. | ||||||
| 07 | 3) Der Satz der Identität meiner selbst bei allem Mannigfaltigen, | ||||||
| 08 | dessen ich mir bewußt bin, ist ein eben so wohl in den Begriffen selbst | ||||||
| 09 | liegender, mithin analytischer Satz; aber diese Identität des Subjects, | ||||||
| 10 | deren ich mir in allen seinen Vorstellungen bewußt werden kann, betrifft | ||||||
| 11 | nicht die Anschauung desselben, dadurch es als Object gegeben ist, kann | ||||||
| 12 | also auch nicht die Identität der Person bedeuten, wodurch das Bewußtsein | ||||||
| 13 | der Identität seiner eigenen Substanz als denkenden Wesens in allem | ||||||
| 14 | Wechsel der Zustände verstanden wird, wozu, um sie zu beweisen, es mit | ||||||
| 15 | der bloßen Analysis des Satzes: Ich denke, nicht ausgerichtet sein, sondern | ||||||
| 16 | verschiedene synthetische Urtheile, welche sich auf die gegebene Anschauung | ||||||
| 17 | gründen, würden erfordert werden. | ||||||
| 18 | 4) Ich unterscheide meine eigene Existenz, als eines denkenden Wesens, | ||||||
| 19 | von anderen Dingen außer mir (wozu auch mein Körper gehört), ist | ||||||
| 20 | eben so wohl ein analytischer Satz; denn andere Dinge sind solche, die | ||||||
| 21 | ich als von mir unterschieden denke. Aber ob dieses Bewußtsein meiner | ||||||
| 22 | selbst ohne Dinge außer mir, dadurch mir Vorstellungen gegeben | ||||||
| 23 | werden, gar möglich sei, und ich also bloß als denkend Wesen (ohne Mensch | ||||||
| 24 | zu sein) existiren könne, weiß ich dadurch gar nicht. | ||||||
| 25 | Also ist durch die Analysis des Bewußtseins meiner selbst im Denken | ||||||
| 26 | überhaupt in Ansehung der Erkenntniß meiner selbst als Objects nicht | ||||||
| 27 | das mindeste gewonnen. Die logische Erörterung des Denkens überhaupt | ||||||
| 28 | wird fälschlich für eine metaphysische Bestimmung des Objects gehalten. | ||||||
| 29 | Ein großer, ja sogar der einzige Stein des Anstoßes wider unsere | ||||||
| 30 | ganze Kritik würde es sein, wenn es eine Möglichkeit gäbe, a priori zu | ||||||
| 31 | beweisen, daß alle denkende Wesen an sich einfache Substanzen sind, als | ||||||
| 32 | solche also (welches eine Folge aus dem nämlichen Beweisgrunde ist) Persönlichkeit | ||||||
| 33 | unzertrennlich bei sich führen und sich ihrer von aller Materie | ||||||
| 34 | abgesonderten Existenz bewußt sind. Denn auf diese Art hätten wir doch | ||||||
| 35 | einen Schritt über die Sinnenwelt hinaus gethan, wir wären in das Feld | ||||||
| 36 | der Noumenen getreten, und nun spreche uns niemand die Befugniß ab, | ||||||
| 37 | in diesem uns weiter auszubreiten, anzubauen und, nachdem einen jeden | ||||||
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