Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 239 |
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01 | was geschieht, eine Ursache habe, kann gar nicht aus dem Begriffe dessen, | ||||||
02 | was überhaupt geschieht, geschlossen werden; vielmehr zeigt der Grundsatz, | ||||||
03 | wie man allererst von dem, was geschieht, einen bestimmten Erfahrungsbegriff | ||||||
04 | bekommen könne. | ||||||
05 | Synthetische Erkenntnisse aus Begriffen kann der Verstand also gar | ||||||
06 | nicht verschaffen, und diese sind es eigentlich, welche ich schlechthin Principien | ||||||
07 | nenne: indessen daß alle allgemeine Sätze überhaupt comparative | ||||||
08 | Principien heißen können. | ||||||
09 | Es ist ein alter Wunsch, der, wer weiß wie spät, vielleicht einmal in | ||||||
10 | Erfüllung gehen wird: daß man doch einmal statt der endlosen Mannigfaltigkeit | ||||||
11 | bürgerlicher Gesetze ihre Principien aufsuchen möge; denn darin | ||||||
12 | kann allein das Geheimniß bestehen, die Gesetzgebung, wie man sagt, zu | ||||||
13 | simplificiren. Aber die Gesetze sind hier auch nur Einschränkungen unsrer | ||||||
14 | Freiheit auf Bedingungen, unter denen sie durchgängig mit sich selbst zusammenstimmt; | ||||||
15 | mithin gehen sie auf etwas, was gänzlich unser eigen | ||||||
16 | Werk ist, und wovon wir durch jene Begriffe selbst die Ursache sein können. | ||||||
17 | Wie aber Gegenstände an sich selbst, wie die Natur der Dinge unter Principien | ||||||
18 | stehe und nach bloßen Begriffen bestimmt werden solle, ist, wo nicht | ||||||
19 | etwas Unmögliches, wenigstens doch sehr Widersinnisches in seiner Forderung. | ||||||
20 | Es mag aber hiemit bewandt sein, wie es wolle (denn darüber | ||||||
21 | haben wir die Untersuchung noch vor uns), so erhellt wenigstens daraus: | ||||||
22 | daß Erkenntniß aus Principien (an sich selbst) ganz etwas andres sei, als | ||||||
23 | bloße Verstandeserkenntniß, die zwar auch andern Erkenntnissen in der | ||||||
24 | Form eines Princips vorgehen kann, an sich selbst aber (so fern sie synthetisch | ||||||
25 | ist) nicht auf bloßem Denken beruht, noch ein Allgemeines nach | ||||||
26 | Begriffen in sich enthält. | ||||||
27 | Der Verstand mag ein Vermögen der Einheit der Erscheinungen | ||||||
28 | vermittelst der Regeln sein, so ist die Vernunft das Vermögen der Einheit | ||||||
29 | der Verstandesregeln unter Principien. Sie geht also niemals zunächst | ||||||
30 | auf Erfahrung oder auf irgend einen Gegenstand, sondern auf den Verstand, | ||||||
31 | um den mannigfaltigen Erkenntnissen desselben Einheit a priori | ||||||
32 | durch Begriffe zu geben, welche Vernunfteinheit heißen mag und von ganz | ||||||
33 | anderer Art ist, als sie von dem Verstande geleistet werden kann. | ||||||
34 | Das ist der allgemeine Begriff von dem Vernunftvermögen, so weit | ||||||
35 | er bei gänzlichem Mangel an Beispielen (als die erst in der Folge gegeben | ||||||
36 | werden sollen) hat begreiflich gemacht werden können. | ||||||
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