Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 216

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 den Widerstreit, daraus verneinende Urtheile werden können u. s. w.,      
  02 zu kommen. Aus diesem Grunde sollten wir, wie es scheint, die angeführten      
  03 Begriffe Vergleichungsbegriffe nennen ( conceptus comparationis ).      
  04 Weil aber, wenn es nicht auf die logische Form, sondern auf den Inhalt      
  05 der Begriffe ankommt, d. i. ob die Dinge selbst einerlei oder verschieden,      
  06 einstimmig oder im Widerstreit sind etc., die Dinge ein zwiefaches Verhältniß      
  07 zu unserer Erkenntnißkraft, nämlich zur Sinnlichkeit und zum Verstande,      
  08 haben können, auf diese Stelle aber, darin sie gehören, die Art ankommt,      
  09 wie sie zu einander gehören sollen: so wird die transscendentale      
  10 Reflexion, d. i. das Verhältniß gegebener Vorstellungen zu einer oder der      
  11 anderen Erkenntnißart, ihr Verhältniß unter einander allein bestimmen      
  12 können; und ob die Dinge einerlei oder verschieden, einstimmig oder widerstreitend      
  13 sind etc., wird nicht sofort aus den Begriffen selbst durch bloße      
  14 Vergleichung ( comparatio ), sondern allererst durch die Unterscheidung der      
  15 Erkenntnißart, wozu sie gehören, vermittelst einer transscendentalen Überlegung      
  16 ( reflexio ), ausgemacht werden können. Man könnte also zwar sagen:      
  17 daß die logische Reflexion eine bloße Comparation sei, denn bei ihr      
  18 wird von der Erkenntnißkraft, wozu die gegebenen Vorstellungen gehören,      
  19 gänzlich abstrahirt, und sie sind also so fern ihrem Sitze nach im Gemüthe als      
  20 gleichartig zu behandeln; die transscendentale Reflexion aber (welche      
  21 auf die Gegenstände selbst geht) enthält den Grund der Möglichkeit der      
  22 objectiven Comparation der Vorstellungen unter einander und ist also von      
  23 der letzteren gar sehr verschieden, weil die Erkenntnißkraft, dazu sie gehören,      
  24 nicht eben dieselbe ist. Diese transscendentale Überlegung ist eine      
  25 Pflicht, von der sich niemand lossagen kann, wenn er a priori etwas über      
  26 Dinge urtheilen will. Wir wollen sie jetzt zur Hand nehmen und werden      
  27 daraus für die Bestimmung des eigentlichen Geschäfts des Verstandes      
  28 nicht wenig Licht ziehen.      
           
  29 1. Einerleiheit und Verschiedenheit.Wenn uns ein Gegenstand      
           
  30 mehrmals, jedesmal aber mit eben denselben innern Bestimmungen      
  31 ( qualitas et quantitas ) dargestellt wird, so ist derselbe, wenn er als Gegenstand      
  32 des reinen Verstandes gilt, immer eben derselbe und nicht viel, sondern      
  33 nur Ein Ding ( numerica identitas ); ist er aber Erscheinung, so      
  34 kommt es auf die Vergleichung der Begriffe gar nicht an, sondern so sehr      
  35 auch in Ansehung derselben alles einerlei sein mag, ist doch die Verschiedenheit      
  36 der Örter dieser Erscheinung zu gleicher Zeit ein genugsamer      
  37 Grund der numerischen Verschiedenheit des Gegenstandes (der Sinne)      
           
     

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