Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 190 |
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01 | Wirklichkeit. Man kann aber auch vor der Wahrnehmung des Dinges | ||||||
02 | und also comparative a priori das Dasein desselben erkennen, wenn es | ||||||
03 | nur mit einigen Wahrnehmungen nach den Grundsätzen der empirischen | ||||||
04 | Verknüpfung derselben (den Analogien) zusammenhängt. Denn alsdann | ||||||
05 | hängt doch das Dasein des Dinges mit unsern Wahrnehmungen in einer | ||||||
06 | möglichen Erfahrung zusammen, und wir können nach dem Leitfaden jener | ||||||
07 | Analogien von unserer wirklichen Wahrnehmung zu dem Dinge in | ||||||
08 | der Reihe möglicher Wahrnehmungen gelangen. So erkennen wir das | ||||||
09 | Dasein einer alle Körper durchdringenden magnetischen Materie aus der | ||||||
10 | Wahrnehmung des gezogenen Eisenfeiligs, obzwar eine unmittelbare | ||||||
11 | Wahrnehmung dieses Stoffs uns nach der Beschaffenheit unserer Organen | ||||||
12 | unmöglich ist. Denn überhaupt würden wir nach Gesetzen der Sinnlichkeit | ||||||
13 | und dem Context unserer Wahrnehmungen in einer Erfahrung auch | ||||||
14 | auf die unmittelbare empirische Anschauung derselben stoßen, wenn unsere | ||||||
15 | Sinnen feiner wären, deren Grobheit die Form möglicher Erfahrung | ||||||
16 | überhaupt nichts angeht. Wo also Wahrnehmung und deren Anhang nach | ||||||
17 | empirischen Gesetzen hinreicht, dahin reicht auch unsere Erkenntniß vom | ||||||
18 | Dasein der Dinge. Fangen wir nicht von Erfahrung an, oder gehen wir | ||||||
19 | nicht nach Gesetzen des empirischen Zusammenhanges der Erscheinungen | ||||||
20 | fort, so machen wir uns vergeblich Staat, das Dasein irgend eines Dinges | ||||||
21 | errathen oder erforschen zu wollen. Einen mächtigen Einwurf aber | ||||||
22 | wider diese Regeln, das Dasein mittelbar zu beweisen, macht der Idealism, | ||||||
23 | dessen Widerlegung hier an der rechten Stelle ist. | ||||||
24 | Widerlegung des Idealismus. |
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25 | Der Idealism (ich verstehe den materialen) ist die Theorie, welche | ||||||
26 | das Dasein der Gegenstände im Raum außer uns entweder bloß für | ||||||
27 | zweifelhaft und unerweislich, oder für falsch und unmöglich erklärt; | ||||||
28 | der erstere ist der problematische des Cartesius, der nur Eine empirische | ||||||
29 | Behauptung ( assertio ), nämlich: Ich bin, für ungezweifelt erklärt; | ||||||
30 | der zweite ist der dogmatische des Berkeley, der den Raum | ||||||
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