Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 008 |
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01 | Capitel von den verschiedenen Erkenntnißkräften (der Einbildungskraft, | ||||||
02 | dem Witze), theils metaphysische über den Ursprung der | ||||||
03 | Erkenntniß oder der verschiedenen Art der Gewißheit nach Verschiedenheit | ||||||
04 | der Objecte (dem Idealism, Scepticism u. s. w.), theils anthropologische | ||||||
05 | von Vorurtheilen (den Ursachen derselben und Gegenmitteln) hineinschoben, | ||||||
06 | so rührt dieses von ihrer Unkunde der eigenthümlichen Natur | ||||||
07 | dieser Wissenschaft her. Es ist nicht Vermehrung, sondern Verunstaltung | ||||||
08 | der Wissenschaften, wenn man ihre Grenzen in einander laufen läßt; die | ||||||
09 | Grenze der Logik aber ist dadurch ganz genau bestimmt, daß sie eine | ||||||
10 | Wissenschaft ist, welche nichts als die formalen Regeln alles Denkens (es | ||||||
11 | mag a priori oder empirisch sein, einen Ursprung oder Object haben, | ||||||
12 | welches es wolle, in unserem Gemüthe zufällige oder natürliche Hindernisse | ||||||
13 | antreffen) ausführlich darlegt und strenge beweiset. | ||||||
14 | Daß es der Logik so gut gelungen ist, diesen Vortheil hat sie bloß | ||||||
15 | ihrer Eingeschränktheit zu verdanken, dadurch sie berechtigt, ja verbunden | ||||||
16 | ist, von allen Objecten der Erkenntniß und ihrem Unterschiede zu abstrahiren, | ||||||
17 | und in ihr also der Verstand es mit nichts weiter, als sich selbst | ||||||
18 | und seiner Form zu thun hat. Weit schwerer mußte es natürlicher Weise | ||||||
19 | für die Vernunft sein, den sicheren Weg der Wissenschaft einzuschlagen, | ||||||
20 | wenn sie nicht bloß mit sich selbst, sondern auch mit Objecten zu schaffen | ||||||
21 | hat; daher jene auch als Propädeutik gleichsam nur den Vorhof der | ||||||
22 | Wissenschaften ausmacht, und wenn von Kenntnissen die Rede ist, man | ||||||
23 | zwar eine Logik zu Beurtheilung derselben voraussetzt, aber die Erwerbung | ||||||
24 | derselben in eigentlich und objectiv so genannten Wissenschaften | ||||||
25 | suchen muß. | ||||||
26 | So fern in diesen nun Vernunft sein soll, so muß darin etwas a priori | ||||||
27 | erkannt werden, und ihre Erkenntniß kann auf zweierlei Art auf ihren | ||||||
28 | Gegenstand bezogen werden, entweder diesen und seinen Begriff (der anderweitig | ||||||
29 | gegeben werden muß) bloß zu bestimmen, oder ihn auch wirklich | ||||||
30 | zu machen. Die erste ist theoretische, die andere praktische Erkenntniß | ||||||
31 | der Vernunft. Von beiden muß der reine Theil, so viel oder | ||||||
32 | so wenig er auch enthalten mag, nämlich derjenige, darin Vernunft gänzlich | ||||||
33 | a priori ihr Object bestimmt, vorher allein vorgetragen werden und | ||||||
34 | dasjenige, was aus anderen Quellen kommt, damit nicht vermengt werden; | ||||||
35 | denn es giebt übele Wirthschaft wenn man blindlings ausgiebt, was einkommt, | ||||||
36 | ohne nachher, wenn jene in Stecken geräth, unterscheiden zu können, | ||||||
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