Kant: AA II, Aufsätze, das Philanthropin ... , Seite 448 |
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| 01 | belehren), und die, wenn sie schnell ausgebreitet wird, eine so große und | ||||||
| 02 | so weit hinaussehende Reform im Privatleben sowohl, als im bürgerlichen | ||||||
| 03 | Wesen hervorbringen muß, als man sich bei flüchtigem Blick nicht leicht | ||||||
| 04 | vorstellen möchte. Um deswillen ist es auch der eigentliche Beruf jedes | ||||||
| 05 | Menschenfreundes, diesen noch zarten Keim, so viel an ihm ist, mit Sorgfalt | ||||||
| 06 | zu pflegen, zu beschützen, oder ihn wenigstens dem Schutze derer, die | ||||||
| 07 | mit einem guten Willen das Vermögen verbinden Gutes zu thun, unablässig | ||||||
| 08 | zu empfehlen; denn wenn er, wie der glückliche Anfang hoffen läßt, | ||||||
| 09 | einmal zum vollständigen Wachsthume gelangt sein wird, so werden die | ||||||
| 10 | Früchte desselben sich bald in alle Länder und bis zur spätesten Nachkommenschaft | ||||||
| 11 | verbreiten. Der 13te Mai ist in dieser Absicht ein wichtiger | ||||||
| 12 | Tag. Auf denselben ladet der seiner Sache gewisse Mann die gelehrteste | ||||||
| 13 | und einsehendste Männer benachbarter Städte und Universitäten zum | ||||||
| 14 | Schauen desjenigen ein, was sie bloßen Erzählungen zu glauben | ||||||
| 15 | schwerlich würden bewogen werden können. Das Gute hat eine unwiderstehliche | ||||||
| 16 | Gewalt, wenn es angeschauet wird. Die Stimme verdienstvoller | ||||||
| 17 | und beglaubigter Deputirter der Menschheit (wovon wir eine gute Anzahl | ||||||
| 18 | zu diesem Congresse wünschen) müßte die Aufmerksamkeit Europens auf | ||||||
| 19 | das, was sie so nahe angeht, nothwendig rege machen und es zur thätigen | ||||||
| 20 | Theilnehmung an einer so gemeinnützigen Anstalt bewegen. Jetzt mu | ||||||
| 21 | es schon jedem Menschenfreunde zum größten Vergnügen und zu nicht | ||||||
| 22 | minder reizender Hoffnung der Nachfolge eines so edlen Beispiels gereichen: | ||||||
| 23 | daß (wie in der letzteren Zeitung gemeldet worden) das Philanthropin | ||||||
| 24 | durch eine ansehnliche Beihülfe von hoher Hand wegen seiner Fortdauer | ||||||
| 25 | gesichert worden. Es ist bei solchen Umständen auch nicht zu zweifeln: | ||||||
| 26 | daß nicht von allerlei Gegenden Pensionisten hinzu eilen sollten, um | ||||||
| 27 | sich in dieser Anstalt die Plätze, daran es vielleicht bald gebrechen möchte, | ||||||
| 28 | zu versichern; was aber denen, die eine schnelle Ausbreitung des Guten | ||||||
| 29 | sehnlich wünschen, am meisten am Herzen liegt, nämlich das Absenden geschickter | ||||||
| 30 | Candidaten nach Dessau, um sich in der philanthropischen Erziehungsart | ||||||
| 31 | zu belehren und zu üben, dieses einzige Mittel, in kurzem allerwärts | ||||||
| 32 | gute Schulen zu haben, das scheint eine ungesäumte Aufmerksamkeit | ||||||
| 33 | und großmüthigen Beistand vermögender Gönner vorzüglich zu erfordern. | ||||||
| 34 | In Erwartung: daß dieser Wunsch auch bald in seine Erfüllung gehe, ist | ||||||
| 35 | es allen Lehrern sowohl in der Privat= als öffentlichen Schulunterweisung | ||||||
| 36 | sehr zu empfehlen: sich der Basedow'schen Schriften und von ihm herausgegebenen | ||||||
| 37 | Schulbücher sowohl zu eigener Belehrung, als der letzteren zur | ||||||
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