Kant: AA I, Geschichte und Naturbeschreibung ... , Seite 431 |
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01 | Die Natur hat nicht vergeblich einen Schatz von Seltenheiten überall | ||||||
02 | zur Betrachtung und Bewunderung ausgebreitet. Der Mensch, welchem | ||||||
03 | die Haushaltung des Erdbodens anvertraut ist, besitzt Fähigkeit, er besitzt | ||||||
04 | auch Lust sie kennen zu lernen und preiset den Schöpfer durch seine Einsichten. | ||||||
05 | Selbst die fürchterliche Werkzeuge der Heimsuchung des menschlichen | ||||||
06 | Geschlechts, die Erschütterungen der Länder, die Wuth des in seinem | ||||||
07 | Grunde bewegten Meers, die feuerspeienden Berge, fordern den Menschen | ||||||
08 | zur Betrachtung auf und sind nicht weniger von Gott als eine richtige | ||||||
09 | Folge aus beständigen Gesetzen in die Natur gepflanzt, als andre schon | ||||||
10 | gewohnte Ursachen der Ungemächlichkeit, die man nur darum für natürlicher | ||||||
11 | hält, weil man mit ihnen mehr bekannt ist. | ||||||
12 | Die Betrachtung solcher schrecklichen Zufälle ist lehrreich. Sie demüthigt | ||||||
13 | den Menschen dadurch, daß sie ihn sehen läßt, er habe kein Recht, | ||||||
14 | oder zum wenigsten, er habe es verloren, von den Naturgesetzen, die Gott | ||||||
15 | angeordnet hat, lauter beqümliche Folgen zu erwarten, und er lernt | ||||||
16 | vielleicht auch auf diese Weise einsehen: daß dieser Tummelplatz seiner Begierden | ||||||
17 | billig nicht das Ziel aller seiner Absichten enthalten sollte. | ||||||
18 | Vorbereitung. |
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19 | Von der Beschaffenheit des Erdbodens in seinem Inwendigen. |
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20 | Wir kennen die Oberfläche des Erdbodens, wenn es auf die Weitläuftigkeit | ||||||
21 | ankommt, ziemlich vollständig. Allein wir haben noch eine Welt | ||||||
22 | unter unsern Füßen, mit der wir zur Zeit nur sehr wenig bekannt sind. | ||||||
23 | Die Bergspalten, welche unserm Senkblei unergründliche Klüfte eröffnen, | ||||||
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