Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 367 |
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01 | jederzeit geheftet bleiben? Sollte sie niemals von den übrigen Wundern | ||||||
02 | der Schöpfung eines näheren Anschauens theilhaftig werden? Wer | ||||||
03 | weiß, ist es ihr nicht zugedacht, daß sie dereinst jene entfernte Kugeln | ||||||
04 | des Weltgebäudes und die Trefflichkeit ihrer Anstalten, die schon von | ||||||
05 | weitem ihre Neugierde so reizen, von nahem soll kennen lernen? | ||||||
06 | Vielleicht bilden sich darum noch einige Kugeln des Planetensystems | ||||||
07 | aus, um nach vollendetem Ablaufe der Zeit, die unserem Aufenthalte | ||||||
08 | allhier vorgeschrieben ist, uns in andern Himmeln neue Wohnplätze | ||||||
09 | zu bereiten. Wer weiß, laufen nicht jene Trabanten um den Jupiter, | ||||||
10 | um uns dereinst zu leuchten? | ||||||
11 | Es ist erlaubt, es ist anständig, sich mit dergleichen Vorstellungen | ||||||
12 | zu belustigen; allein niemand wird die Hoffnung des Künftigen auf | ||||||
13 | so unsichern Bildern der Einbildungskraft gründen. Nachdem die Eitelkeit | ||||||
14 | ihren Antheil an der menschlichen Natur wird abgefordert haben: | ||||||
15 | so wird der unsterbliche Geist mit einem schnellen Schwunge sich über | ||||||
16 | alles, was endlich ist, empor schwingen und in einem neuen Verhältnisse | ||||||
17 | gegen die ganze Natur, welche aus einer näheren Verbindung | ||||||
18 | mit dem höchsten Wesen entspringt, sein Dasein fortsetzen. Forthin | ||||||
19 | wird diese erhöhte Natur, welche die Quelle der Glückseligkeit in sich | ||||||
20 | selber hat, sich nicht mehr unter den äußeren Gegenständen zerstreuen, | ||||||
21 | um eine Beruhigung bei ihnen zu suchen. Der gesammte Inbegriff | ||||||
22 | der Geschöpfe, welcher eine nothwendige Übereinstimmung zum Wohlgefallen | ||||||
23 | des höchsten Urwesens hat, muß sie auch zu dem seinigen | ||||||
24 | haben und wird sie nicht anders, als mit immerwährender Zufriedenheit | ||||||
25 | rühren. | ||||||
26 | In der That wenn man mit solchen Betrachtungen und mit den | ||||||
27 | vorhergehenden sein Gemüth erfüllt hat: so giebt der Anblick eines | ||||||
28 | bestirnten Himmels bei einer heitern Nacht eine Art des Vergnügens, | ||||||
29 | welches nur edle Seelen empfinden. Bei der allgemeinen Stille der | ||||||
30 | Natur und der Ruhe der Sinne redet das verborgene Erkenntnißvermögen | ||||||
31 | des unsterblichen Geistes eine unnennbare Sprache und giebt | ||||||
32 | unausgewickelte Begriffe, die sich wohl empfinden, aber nicht beschreiben | ||||||
33 | lassen. Wenn es unter den denkenden Geschöpfen dieses Planeten | ||||||
34 | niederträchtige Wesen giebt, die ungeachtet aller Reizungen, womit ein | ||||||
35 | so großer Gegenstand sie anlocken kann, dennoch im Stande sind, sich | ||||||
36 | fest an die Dienstbarkeit der Eitelkeit zu heften: wie unglücklich ist | ||||||
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