Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 272 |
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01 | Dichtigkeiten nicht dem Verhältniß zu der Sonnenwärme zuschreiben, | ||||||
02 | ohne sich in die größten Widersprüche zu verwickeln. Man sieht vielmehr, | ||||||
03 | eine Ursache, die die Örter der Planeten nach der Dichtigkeit | ||||||
04 | ihres Klumpens austheilt, müsse auf das Innere ihrer Materie und | ||||||
05 | nicht auf ihre Oberfläche eine Beziehung gehabt haben; sie müsse | ||||||
06 | unerachtet dieser Folge, die sie bestimmte, doch eine Verschiedenheit | ||||||
07 | der Materie in eben demselben Himmelskörper verstatten und nur im | ||||||
08 | Ganzen des Zusammensatzes dieses Verhältniß der Dichtigkeit fest | ||||||
09 | setzen; welchem allem ob irgend ein anderes statisches Gesetz, als wie | ||||||
10 | das, so in unserer Lehrverfassung vorgetragen wird, ein Gnüge leisten | ||||||
11 | können, überlasse ich der Einsicht des Lesers, zu urtheilen. | ||||||
12 | Das Verhältniß unter den Dichtigkeiten der Planeten führt noch | ||||||
13 | einen Umstand mit sich, der durch eine völlige Übereinstimmung mit | ||||||
14 | der vorher entworfenen Erklärung die Richtigkeit unseres Lehrbegriffes | ||||||
15 | bewährt. Der Himmelskörper, der in dem Mittelpunkte anderer um | ||||||
16 | ihn laufenden Kugeln steht, ist gemeiniglich leichterer Art, als der Körper, | ||||||
17 | der am nächsten um ihn herum läuft. Die Erde in Ansehung des | ||||||
18 | Mondes und die Sonne in Ansehung der Erde zeigen ein solches Verhältniß | ||||||
19 | ihrer Dichtigkeiten. Nach dem Entwurfe, den wir dargelegt | ||||||
20 | haben, ist eine solche Beschaffenheit nothwendig. Denn da die untern | ||||||
21 | Planeten vornehmlich von dem Ausschusse der elementarischen Materie | ||||||
22 | gebildet worden, welche durch den Vorzug ihrer Dichtigkeit bis zu solcher | ||||||
23 | Nähe zum Mittelpunkte mit dem erforderlichen Grade der Geschwindigkeit | ||||||
24 | haben dringen können; dagegen der Körper in dem Mittelpunkte | ||||||
25 | selber ohne Unterschied aus den Materien aller vorhandenen Gattungen, | ||||||
26 | die ihre gesetzmäßige Bewegungen nicht erlangt haben, zusammen gehäuft | ||||||
27 | worden, unter welchen, da die leichteren Materien den größten | ||||||
28 | Theil ausmachen, es leicht einzusehen ist, daß, weil der nächste oder die | ||||||
29 | nächsten zu dem Mittelpunkt umlaufenden Himmelskörper gleichsam eine | ||||||
30 | Aussonderung dichterer Sorten, der Centralkörper aber eine Mischung | ||||||
31 | von allen ohne Unterschied in sich faßt, jenes seine Substanz dichterer | ||||||
32 | Art, als diese sein werde. In der That ist auch der Mond 2mal dichter | ||||||
33 | als die Erde und diese 4mal dichter als die Sonne, welche allem Vermuthen | ||||||
34 | nach von den noch tieferen, der Venus und dem Mercur, in | ||||||
35 | noch höheren Graden an Dichtigkeit wird übertroffen werden. | ||||||
36 | Anjetzt wendet sich unser Augenmerk auf das Verhältniß, welches | ||||||
37 | die Massen der Himmelskörper nach unserem Lehrbegriff in Vergleichung | ||||||
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