Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 248 |
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01 | und aller Himmel Himmel ohne Ordnung und ohne Absicht erfüllen. | ||||||
02 | Seitdem die Wißbegierde des Menschen sich diese Schranken gesetzt hat, | ||||||
03 | so hat man weiter nichts gethan, als die Größe desjenigen daraus abzunehmen | ||||||
04 | und zu bewundern, der in so unbegreiflich großen Werken sich | ||||||
05 | offenbart hat. | ||||||
06 | Dem Herrn Wright von Durham, einem Engländer, war es | ||||||
07 | vorbehalten, einen glücklichen Schritt zu einer Bemerkung zu thun, | ||||||
08 | welche von ihm selber zu keiner gar zu tüchtigen Absicht gebraucht zu | ||||||
09 | sein scheint, und deren nützliche Anwendung er nicht genugsam beobachtet | ||||||
10 | hat. Er betrachtete die Fixsterne nicht als ein ungeordnetes und | ||||||
11 | ohne Absicht zerstreutes Gewimmel, sondern er fand eine systematische | ||||||
12 | Verfassung im Ganzen und eine allgemeine Beziehung dieser Gestirne | ||||||
13 | gegen einen Hauptplan der Räume, die sie einnehmen. | ||||||
14 | Wir wollen den Gedanken, den er vorgetragen, zu verbessern und | ||||||
15 | ihm diejenige Wendung zu ertheilen suchen, dadurch er an wichtigen | ||||||
16 | Folgen fruchtbar sein kann, deren völlige Bestätigung den künftigen | ||||||
17 | Zeiten aufbehalten ist. | ||||||
18 | Jedermann, der den bestirnten Himmel in einer heitern Nacht ansieht, | ||||||
19 | wird denjenigen lichten Streif gewahr, der durch die Menge der | ||||||
20 | Sterne, die daselbst mehr als anderwärts gehäuft sind, und durch ihre | ||||||
21 | sich in der großen Weite verlierende Kenntlichkeit ein einförmichtes Licht | ||||||
22 | darstellt, welches man mit dem Namen der Milchstraße benannt hat. | ||||||
23 | Es ist zu bewundern, daß die Beobachter des Himmels durch die Beschaffenheit | ||||||
24 | dieser am Himmel kenntlich unterschiedenen Zone nicht längst | ||||||
25 | bewogen worden, sonderbare Bestimmungen in der Lage der Fixsterne | ||||||
26 | daraus abzunehmen. Denn man sieht ihn die Richtung eines größten | ||||||
27 | Zirkels und zwar in ununterbrochenem Zusammenhange um den ganzen | ||||||
28 | Himmel einnehmen, zwei Bedingungen, die eine so genaue Bestimmung | ||||||
29 | und von dem Unbestimmten des Ungefährs so kenntlich unterschiedene | ||||||
30 | Merkmale mit sich führen, daß aufmerksame Sternkundige natürlicher | ||||||
31 | Weise dadurch hätten veranlaßt werden sollen, der Erklärung einer solchen | ||||||
32 | Erscheinung mit Aufmerksamkeit nachzuspüren. | ||||||
33 | Weil die Sterne nicht auf die scheinbare hohle Himmelssphäre gesetzt | ||||||
34 | sind, sondern, einer weiter als der andere von unserm Gesichtspunkte | ||||||
35 | entfernt, sich in der Tiefe des Himmels verlieren: so folgt aus dieser | ||||||
36 | Erscheinung, daß in den Entfernungen, darin sie einer hinter dem andern | ||||||
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