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Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 232 |
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01 |
Ursachen können verändert werden. Denn wenn man sich vorstellt, daß |
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unser eigenes Sonnengebäude seinen Ort in Ansehung des Weltraums |
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verändert: so wird dieses nach Verlauf einiger Zeit eine scheinbare Veränderung |
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der Winkelentfernungen der Fixsterne verursachen. Und weil |
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dieses in solchem Falle in die Örter der nächsten Sterne einen größeren |
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Einfluß haben würde, als in die Örter derjenigen, welche weit entfernt |
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sind, so würden ihre Lagen sich zu verändern scheinen, obgleich die |
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Sterne selbst wirklich unbeweglich blieben. Und wenn im Gegentheil |
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unser eigen Planetengebäude stille steht und einige Sterne wirklich eine |
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Bewegung haben: so wird dieses gleichfalls ihre scheinbare Lage verändern |
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und zwar um destomehr, je näher sie bei uns sind, oder je mehr |
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die Richtung der Bewegung so beschaffen ist, daß sie von uns kann |
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wahrgenommen werden. Da nun also die Lagen der Sterne von so |
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mancherlei Ursachen können verändert werden, indem man die erstaunlichen |
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Entfernungen, in welchen ganz gewiß einige gelegen sind, betrachtet: |
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so werden wohl die Beobachtungen vieler Menschenalter nöthig sein, |
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die Gesetze der scheinbaren Veränderungen auch eines einzigen Sternes |
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zu bestimmen. Viel schwerer muß es also noch sein, die Gesetze für alle |
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die merkwürdigsten Sterne festzusetzen." |
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Ich kann die Grenzen nicht genau bestimmen, die zwischen dem |
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System des Herrn Wright und dem meinigen anzutreffen sind, und |
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in welchen Stücken ich seinen Entwurf bloß nachgeahmt, oder weiter |
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ausgeführt habe. Indessen boten sich mir nach der Hand annehmungswürdige |
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Gründe dar, es auf der einen Seite beträchtlich zu erweitern. |
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Ich betrachte die Art neblichter Sterne, deren Herr von Maupertuis |
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in der Abhandlung von der Figur der Gestirne*) gedenkt, und die |
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*) Weil ich den angeführten Tractat nicht bei der Hand habe, so will ich das dazu Gehörige aus der Anführung der Ouvrages diverses de Msr. de Maupertuis in den Actis Erud. 1745 hier einrücken. Das erste Phänomenon sind diejenige lichte Stellen am Himmel, welche neblichte Sterne genannt und für einen Haufen kleiner Fixsterne gehalten werden. Allein die Astronomen haben durch vortreffliche Ferngläser sie nur als große länglichtrunde Plätzchen, die etwas lichter als der übrige Theil des Himmels wären, befunden. Hugen hat dergleichen etwas zürst im Orion angetroffen; Halley gedenkt in den Anglical. Trans. sechs solcher Plätzchen: 1. im Schwert des Orions, 2. im Schützen, 3. im Centaurus, 4. vor dem rechten Fuß des Antinous, 5. im Hercules, 6. im Gürtel der Andromeda. Wenn diese durch ein reflectirendes Seherohr von 8 Fuß betrachtet [Seitenumbruch] werden, so sieht man, daß nur der vierte Theil derselben für einen Haufen Sterne könne gehalten werden; die übrige haben nur weißlichte Plätzchen vorgestellt ohne erheblichen Unterschied, außer daß eines mehr der Cirkelrundung beikommt, ein anderes aber länglichter ist. Es scheint auch, daß bei dem ersten die durch das Seherohr sichtbaren kleinen Sternchen seinen weißlichten Schimmer nicht verursachen können. Halley glaubt: daß man aus diesen Erscheinungen dasjenige erklären könne, was man im Anfang der Mosaischen Schöpfungsgeschichte antrifft, nämlich daß das Licht eher als die Sonne erschaffen sei. Derham vergleicht sie Öffnungen, dadurch eine andere unermeßliche Gegend und vielleicht der Feuerhimmel durchscheine. Er meint, er habe bemerken können, daß die Sterne, die neben diesen Plätzchen gesehen werden, uns viel näher wären, als diese lichte Stellen. Diesen fügt der Verfasser ein Verzeichnis der neblichten Sterne aus dem Hevelius bei. Er hält diese Erscheinungen für große lichte Massen, die durch eine gewaltige Umwälzung abgeplattet worden wären. Die Materie, daraus sie bestehen, wenn sie eine gleichleuchtende Kraft mit den übrigen Sternen hätte, würde von ungeheurer Größe sein müssen, damit sie, aus einem viel größeren Abstande, als der Sterne ihrer ist, gesehen, dennoch dem Fernglase unter merklicher Gestalt und Größe erscheinen können. Wenn sie aber an Größe den übrigen Fixsternen ungefähr gleich kämen, müßten sie uns nicht allein ungleich viel näher sein, sondern zugleich ein viel schwächeres Licht haben: weil sie bei solcher Nähe und scheinbarer Größe doch einen so blassen Schimmer an sich zeigen. Es würde also der Mühe verlohnen, ihre Parallaxe, wofern sie eine haben, zu entdecken. Denn diejenigen, welche sie ihnen absprechen, schließen vielleicht von einigen auf alle. Die Sternchen, die man mitten auf diesen Plätzchen antrifft, wie in dem Orion (oder noch schöner in dem vor dem rechten Fuße des Antinous, welcher nicht anders aussieht als ein Fixstern, der mit einem Nebel umgeben ist), würden, wofern sie uns näher wären, entweder nach Art der Projection auf denselben gesehen, oder schienen durch jene Massen, gleich als durch die Schweife der Kometen durch. |
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