Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 080

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

Randtext (Kant)

 

 

 
  01 Absicht gar nicht entgegen gesetzt sei, weil sie mit der Fläche CD parallel      
  02 läuft, folglich den Körper weder zu derselben hinzu, noch von ihr abzieht.      
  03 Eben desgleichen wird die Seitenbewegung AC der Bewegung      
  04 in der andern Seite AB in Absicht auf die Wirkung, die der      
  05 Körper mit ihr gegen die Fläche BD zu thun bemüht ist,      
  06 gar nicht entgegen sein, weil sie mit dieser Fläche gleichfalls parallel      
  07 läuft. Was folgt aber hieraus? Nichts weiter, als daß der Körper,      
  08 wenn er diesen beiden Seitenbewegungen zugleich nachgiebt und die      
  09 Diagonallinie durchläuft, gegen die Flächen CD und BD eben die      
  10 Wirkungen auf einmal ausüben werde, als er in abgesonderter Bewegung      
  11 durch die Seiten würde gethan haben. Der Körper hat also      
  12 in der Bewegung durch die Diagonallinie in Absicht auf die      
  13 beiden Flächen CD und BD eine Kraft in sich, die der Summe      
  14 beider Kräfte nach den Seiten gleich ist. Allein diese Gleichheit ist      
  15 in ihm nur unter dieser Bedingung, die ich gesagt habe, anzutreffen.      
           
  16
§ 73.
     
           
  17 Herr Bülfinger band sich nicht an diese Bedingung, Herr Bülfinger    
  18 ungeachtet er sich dazu durch die Natur seines Beweises hat über den    
  19 hätte genöthigt finden sollen. Er schloß gerade zu: Also Sinn der    
  20 hat der Körper in der Bewegung durch die Diagonallinie Streitfrage    
  21 eine Kraft in sich, die der Summe hinausgeschlossen.    
  22 beider Seitenkräfte gleich ist.      
           
  23 Dieser so uneingeschränkt vorgebrachte Satz nimmt ordentlicher      
  24 Weise eine Bedeutung an, die von dem Sinne der Schlußfolge in      
  25 dem Bülfingerischen Beweise weit entfernt ist. Denn wenn man sagt: ein      
  26 Körper, der die oder jene Geschwindigkeit besitzt, hat diese oder jene      
  27 Kraft in sich, so versteht man darunter die Kraft, die er in der      
  28 geraden Richtung seiner Bewegung und auf einen Gegenstand, den er      
  29 perpendicular anstößt, ausüben würde. Man muß also, wenn auf      
  30 eine so eingeschränkte Weise die Rede von der Kraft eines Körpers      
  31 ist, ihre Größe in keiner andern Bedeutung, als in dieser zu bestimmen      
  32 suchen, sonst glaubt man: der Körper habe in der geraden Richtung      
  33 seiner Bewegung eine gewisse Kraft in sich, die er doch nur zur Seite      
  34 bei einer gewissen Lage des Gegenstandes, den er anstößt, ausüben      
  35 kann. Herr Bülfinger, der dieses aus der Acht gelassen hat, ist hiedurch      
  36 durch der Beschuldigung einer fallaciä ignorationis elenchi ausgesetzt      
           
     

[ Seite 079 ] [ Seite 081 ] [ Inhaltsverzeichnis ]