§ 12. Um nun die
Unterordnung der Begriffe und andere wichtige Beziehungen
bezeichnen zu können, führe ich die Function mit zwei Argumenten
durch die Bestimmung ein, dass ihr Werth das Falsche sein
soll, wenn als ζ-Argument das Wahre
und als ξ-Argument irgendein
Gegenstand genommen wird, der nicht das Wahre ist; dass in allen
andern Fällen der Functionswerth das Wahre sein soll. Nach dieser
und den früheren Festsetzungen ist der Werth dieser Function auch
für Werthverläufe als Argumente bestimmt. Es folgt, dass
dasselbe ist wie
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,  |
und wir können daher in
den wagerechten Strich vor ‚Δ‘ sowie die beiden Theile, in die der obere
wagerechte Strich durch den senkrechten zerlegt wird, als
Wagerechte in unserm besondern
Sinne auffassen. Wir sprechen hier wie früher von der
Verschmelzung der Wagerechten. Den
senkrechten Strich nenne ich Bedingungstrich. Er kann nach Bedürfniss
verlängert werden. Es gelten die
Sätze
Die Function
oder
hat
als Werth immer das Wahre, wenn die Function
als
Werth das Falsche Ersetzung von -
das Wahre - durch - das Falsche - [Rev.:
frege] hat und umgekehrt.
Also ist 
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dann und nur dann das Wahre, wenn Δ
das Wahre und Γ nicht das Wahre
ist. Folglich
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in Worten: 2 ist nicht
grösser als 3 und die Summe von 2 und 3 ist
5.
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,  |
in Worten: 3 ist grösser
als 2 und die Summe von 2 und 3 ist
5.
ist
nämlich der Werth der Function
für das ξ-Argument
und
das ζ-Argument 2+3=5.
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,  |
in Worten: weder ist die
dritte Potenz von 2 die zweite
Potenz von 3, noch ist die zweite Potenz von 1 die erste Potenz von 2. Statt der
Sätze
hat man die folgenden
Da nun
der Wahrheitswerth davon ist, dass weder das Quadrat von
1 grösser als 3, noch 1 kleiner
als 3 sei, so wird durch unsern
letzten Satz dies verneint, also behauptet, mindestens eins von
beiden sei wahr, dass das Quadrat von 1 grösser als 3
oder dass 1 kleiner als 3
sei. Man sieht aus diesen Beispielen, wie das ‚und‘ der Sprache, wenn es Sätze verbindet, das
‚weder — noch‘ und das
‚oder‘ zwischen Sätzen
wiedergegeben werden. In
kann
für ‚ξ‘ irgendein Eigenname
eingesetzt werden, also auch z. B.
. Wir
erhalten so
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,  |
wo wir nun die Wagerechten verschmelzen können:
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.  |
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Dies bedeutet das Falsche, wenn Δ
das Wahre und
nicht das Wahre ist; d. h. in diesem Falle, wenn
das
Falsche ist. Das ist aber dann und nur dann der Fall, wenn
Λ das Wahre und Θ nicht das Wahre ist. Demnach ist
das Falsche, wenn Δ und
Λ das Wahre sind, während
Θ nicht das Wahre ist; in allen
andern Fällen ist es das Wahre. Hieraus folgt die
Vertauschbarkeit von Λ und
Δ: es ist
derselbe Wahrheitswerth wie
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.  |
Es mögen in
‚—Θ‘ Oberglied, ‚—Δ‘
und ‚—Λ‘ Unterglieder heissen. Wir können aber auch
als
Oberglied und ‚—Λ‘ allein als Unterglied auffassen. Die Unterglieder sind
demnach vertauschbar. Ebenso
erkennt man, dass
dann und nur dann das Falsche ist, wenn sowohl
Λ, als auch Δ, als auch Ξ das
Wahre ist, während Θ nicht das
Wahre ist. In allen andern Fällen ist es das Wahre. Wir haben
auch hier wieder die Vertauschbarkeit der
Unterglieder ‚—Λ‘,
‚—Δ‘, ‚—Ξ‘. Diese Vertauschbarkeit muss eigentlich
für jeden vorkommenden Fall nachgewiesen werden, und ich habe
dies in meinem Büchlein „Begriffsschrift“ für einige Fälle
gethan, sodass es leicht sein wird, danach jeden Fall zu
Ersetzung von - zn - durch - zu -
[Fehlertyp: orth | Rev.: frege] behandeln. Um nicht in
zu grosse Weitläufigkeiten verstrickt zu werden, will ich hier
diese Vertauschbarkeit als allgemein zugestanden annehmen und in
Zukunft ohne weitere Erinnerung davon Gebrauch machen.
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ist dann und nur dann das Wahre, wenn sowohl Λ, als auch Δ,
als auch Ξ das Wahre ist, während
Θ nicht das Wahre ist. Demnach
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,  |
in Worten: 3 ist nicht
kleiner als 2 und 1 ist kleiner als 2 und 3 ist
grösser als 2 und 4 ist grösser als 2;
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,  |
in Worten: 1 ist kleiner
als 2 und 3 ist grösser als 2 und 4 ist
grösser als 2. Man kann sich dies
so zerlegt denken
Die Verneinungsstriche zwischen den Bedingungsstrichen
heben sich und die Wagerechten lassen sich verschmelzen. Wir
haben in
den Werth der Function
für das ξ-Argument
und
das ζ-Argument 4>2, wo nun
der
Werth derselben Function für das ξ-Argument 1<2
und das ζ-Argument 3>2 ist.